Futterverwertung und Verdauung beim Pferd

Sehen wir uns die Verdauungsvorgänge des Pferdes in den einzelnen Darmabschnitten einmal genauer an, wird deutlich warum Pferde so sensibel auf kleinste Veränderungen der Fütterung reagieren.


Vom Maul
Der Vorgang der Verdauung beginnt mit der Futteraufnahme. Mit seinen beweglichen Lippen kann das Pferd sein Futter außerordentlich fein selektieren. Der ein oder andere Pferdebesitzer hat dies vielleicht schon mal bei seinem eigenen Pferd feststellen können, wenn ungeliebte Ergänzungen im Trog zurück geblieben sind. Sogar kleine Pellets und Pulver können fein säuberlich aussortiert werden. Diese „pingelige Art“ soll zum einen vor der Aufnahme von unerwünschten Stoffen bzw. Fremdkörpern schützen und zum anderen Versorgungsengpässe begrenzen. Man vermutet, dass das Pferd mittels Rezeptoren in Kopf- und Dünndarm die Pflanzen und Pflanzenteile nach dem Proteingehalt selektieren kann, damit der Bedarf ausreichend gedeckt wird.
Hat das Pferd Futter aufgenommen, wird es in der Maulhöhle zwischen den Backenzähnen zermahlen. Die Verdauung beginnt bereits in der Maulhöhle mit der Zerkleinerung des aufgenommenen Futters, daher wird der Eingang des Verdauungskanals auch Kopfdarm genannt. Während des Kauvorgangs wird, vor allem von der Ohrspeicheldrüse Speichel gebildet, dieser enthält zwar keine Verdauungsenzyme aber Hydrogencarbonat welches der Pufferung der aggressiven Magensäure dient. Die Dauer der Futteraufnahme beeinflusst die gebildete Speichelmenge enorm. Je nach Futterart wird Futter unterschiedlich lange gekaut und somit auch unterschiedlich viel Speichel gebildet. So benötigt ein Pferd für 1 kg Raufutter ca. 30-60 Minuten und bildet ca. 3-5 l Speichel, für 1 kg Kraftfutter braucht es rund 10 Minuten bei einer Speichelmenge von ca. 1-1,5 l. Zu hohe Kraftfutterrationen bei gleichzeitig geringer Raufutteraufnahme begünstigen gesundheitliche Probleme auf mehreren Ebenen, neben Karies können Magengeschwüre und Übersäuerung eine Folge sein.

In den Magen
Wenn der Futterbrei eine einheitliche Größe erreicht hat wird er abgeschluckt und gelangt durch die Speiseröhre (Ösophagus) in den Magen. Der Magen ist im Vergleich zur Körpergröße des Pferdes relativ klein (15-20 l/mittelgroßes Pferd). Durch das relativ geringe Volumen und die fehlenden Dehnungsrezeptoren in der Magenwand sind Pferde anfällig für Magenüberladungen. Als Konsequenz ergibt sich eine Begrenzung der Kraftfuttermenge von max. 0,3 kg/100 kg Körpergewicht pro Mahlzeit. Im Magen beginnt die Verdauung des Futterbreis durch Enzyme, Mikroorganismen und Magensaft. Im oberen Bereich des Magens, der mit drüsenloser Schleimhaut ausgekleidet ist, werden zunächst leicht fermentierbare Kohlenhydrate und auch ein Teil der Proteine zu Peptiden abgebaut, dabei entstehen Laktat, kurzkettige Fettsäuren, Proteinspaltungsprodukte und Gase. Im Fundusgebiet – dem unteren Bereich des Magens – wird kontinuierlich Magensaft gebildet welcher Pepsin (Enzym) zur Proteinspaltung, Schleimstoffe und Salzsäure enthält. Durch starke Kontraktion der Magenmuskulatur wird der Futterbrei mit Magensaft durchmischt und aufgeschlossen. Bei regelmäßigen Futtergaben hat ca. die Hälfte der Futtermenge nach zwei Stunden den Magen wieder verlassen. Bei der Aufnahme zu großer Kraftfuttermengen, unverträglicher Futtermittel oder keimbelastetem Futter kann es zu Fehlgärungen mit erhöhter Bildung von Gasen, Laktat und flüchtigen Fettsäuren kommen, welche häufig Koliken zur Folge haben. Leider ist der Magen aufgrund seiner Anatomie und der geringen Größe besonders anfällig für Probleme.


Durch den Dünndarm
An den Magenausgang ist der ca. 20 m lange Dünndarm des Pferdes angeschlossen. Er wird in Zwölffingerdarm (Duodenum), Leerdarm (Jejunum) und Hüftdarm (Ileum) unterteilt. Verdauungssekrete und Gallensaft gelangen durch den Ausführungsgang des Gallengangs und der Bauchspeicheldrüse (Pankreas), der unterhalb des Magenausgangs endet, in den Zwölffingerdarm. Die Bauchspeicheldrüse produziert kontinuierlich Pankreassaft, der Verdauungsenzyme bereitstellt und den sauren Mageninhalt durch Alkalien neutralisiert. Der von der Leber produzierte Gallensaft, welcher ständig in kleinen Mengen in den Dünndarm abgegeben wird, dient ebenfalls der Neutralisierung des Futterbreis und emulgiert die aufgenommen Fette für die Fettverdauung. Aufgenommene Rohfaser wird weitestgehend unberührt in den Blinddarm weitergeleitet. So findet im Dünndarm die enzymatische Verdauung und Aufnahme von Kohlenhydraten, Proteinen, Fetten sowie Mineralstoffen und Vitaminen statt. Durch die Fütterung zu stärkereicher Rationen kann infolge von vermehrter Laktatbildung der pH-Wert stark abfallen, wodurch die Schleimhaut geschädigt werden kann und auch die Peristaltik gestört wird. Die Peristaltik – die natürliche Darmbewegung – sorgt für den Weitertransport und die Durchmischung des Darminhalts. Vor Eintritt in den Blinddarm wird zur „Entsäuerung“ des Darminhaltes gegen Ende des Dünndarms vermehrt Hydrogencarbonat abgegeben, so wird den Risiken einer Verschiebung des pH-Werts im Blinddarm vorgebeugt.


Bis hin zum Dickdarm
Der Dickdarm des Pferdes besteht aus dem Blinddarm (Caecum), dem großen und kleinen Grimmdarm (Colon) sowie dem Mastdarm (Rektum). Bei Caecum und Colon handelt es sich um große Gärkammern in denen Mikroorganismen (Bakterien und andere Einzeller) Gerüstkohlenhydrate (Zellulose, Hemizellulose und Pektine) und weitere im Dünndarm nicht verdaute Bestandteile zersetzen. Dabei werden kurzkettige Fettsäuren, Laktat und Gase gebildet. Weiterhin ist das Darmmikrobiom (die Gesamtheit der Mikroorganismen im Darm) in der Lage wasserlösliche Vitamine zu bilden. Auch wenn die Nährstoffausbeute im Dickdarm nicht so umfassend ist wie im Dünndarm – am Ende des Dünndarms ist die Aufnahme von niedermolekularen Kohlenhydraten, Proteinen, Fetten und der meisten Mineralstoffe abgeschlossen – so ist die mikrobielle Verdauung im Dickdarm des Pferdes jedoch von großer Bedeutung. Das Pferd als Steppen- und Lauftier ist auf stetige, langsam verfügbare Energie angewiesen, welche durch die mikrobielle Fermentation von Faserstoffen (die bereits genannten Gerüstkohlenhydrate) bereitgestellt wird. Das verdeutlicht einmal mehr den hohen Stellenwert des Grundfutters in der Ration. Die bei der mikrobiellen Fermentation entstehenden, kurzkettigen Fettsäuren (hauptsächlich Butyrat, Propionat und Acetat) können über die Dickdarmwand aufgenommen werden und dienen als Energielieferanten im intermediären Stoffwechsel. Da Gerüstkohlenhydrate nur schwer und dadurch langsam verdaulich sind, benötigt das Darmmikrobiom viel mehr Zeit für den Verdauungsprozess, weshalb die Futterpassage 18-20 h betragen kann und damit wesentlich zeitintensiver ist als die Passage durch den Leerdarm (1,5 h). Probleme entstehen im Dickdarm erst dann, wenn das Mikrobiom und in weiterer Folge der pH-Wert (sollte im neutralen Bereich liegen) aus dem Gleichgewicht gebracht werden. Auslöser für solche Dysbiosen können im Dünndarm nicht verdaute Futterbestandteile sein. So verursachen z. B. hohe Stärkegehalte eine pH-Wert Absenkung durch übermäßige Säurebildung, was wiederum zum Absterben der Mikroben führt. Hohe Fettgehalte im Dickdarm haben einen negativen Einfluss auf die Faserverdaulichkeit, weil Fett die Mikroorganismen ummantelt und diese behindert. Bei einem ausgeglichenen Mikrobiom und einer physiologischen Darmfunktion mit entsprechend rohfaserreicher Fütterung stellt die mikrobielle Fermentation eine effiziente und stoffwechselschonende Energieausbeute dar. Im hinteren Teil des Dickdarms wird dem entstandenen Kot nochmals vermehrt Wasser entzogen und die typischen Pferdeäpfel werden geformt. Schlussendlich wird der nicht verdaute Darminhalt über den Mastdarm ausgeschieden.

 

Fütterungsmanagement für eine gute Verdauung

  • Auf gute Raufutterqualität achten! 1,5-2 kg Raufutter je 100 kg (Soll-)Körpergewicht/Tag
  • Längere Fresspausen von mehr als vier Stunden vermeiden
  • Raufutter vor dem Kraftfutter geben
  • Auf regelmäßige Fütterungszeiten achten
  • Während der Fresszeit und im Anschluss daran Ruhe gönnen
  • Kraftfutterration auf mehrere Portionen über den Tag verteilen (max. 300 g/100 kg Körpergewicht pro Mahlzeit)
  • Futterumstellungen immer schrittweise und niemals abrupt durchführen
  • Immer freien Zugang zu frischem Trinkwasser gewähren
  • Einen Salzleckstein zur Verfügung stellen (Ausnahme: Fohlen!)
  • Auf regelmäßige Entwurmung und Zahnkontrolle achten

 

Persönliche und unverbindliche Futterberatung

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